Vier Dinge, die Dänemark und China gemeinsam haben

Nun lebe ich bald zwei Jahre in Dänemark, auf meiner idyllischen Insel Møn. Ebenso lange habe ich in China gewohnt, in der aufregenden Hauptstadt Peking. Zwei Länder und Kulturen, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten. Hier nur ein paar augenfällige Gegensätze:

  • Dänemark hat eins der winzigsten Wahrzeichen der Welt – die kleine Meerjungfrau in Kopenhagen, übersichtliche 125 cm hoch. Das größte chinesische Wahrzeichen ist vom Weltraum sichtbar: Die 20.000 km lange chinesische Mauer.
  • Dänemark hat nicht einmal sechs Millionen Einwohner, China über 1,3 Milliarden. Oder etwas plakativer: Allein in Shanghai wohnen dreimal so viele Menschen wie im ganzen Königreich.
  • Dänen legen Wert auf hygge – das traute Beisammensein mit Familie und Freunden, zum Beispiel beim Urlaub im eigenen Sommerhaus. Chinesen lieben renao – den Trubel in der Masse, zum Beispiel bei der Gruppenbusreise zu überlaufenen Sehenswürdigkeiten oder beim Karaokeabend im belebten Szeneviertel.

Und vieles, vieles mehr …

Dennoch, nach längerem Beobachten stelle ich fest: Es gibt überraschende Verbindungen zwischen diesen weit voneinander entfernten Kulturen.

Wohlfühl-Besprechungen
Wo viele Deutsche nach systematischer Diskussion eine Liste mit Ergebnissen und To Do’s anstrebt, tasten sich Dänen und Chinesen eher behutsam voran: Wie könnte die Stimmung in der Runde wohl sein? Nach zwanzig Minuten losem Gespräch vertagt man sich auf nächstes Mal, wo die Gedanken noch einmal unverbindlich aufgegriffen werden, bis sich fünf Minuten vor Abgabetermin/Veranstaltungsbeginn/Losfahren eine Aktion herauskristallisiert. Ausländerinnen, die das nervös macht, sollten meditieren lernen oder sich vorher einen kleinen Baijiu/Gammeldansk genehmigen. (Allerdings … die schwammigsten Besprechungen meines Lebens habe ich in Deutschland erlebt, die effizientesten in Dänemark.)

Peinsame Pünktlichkeit
Gebt zu, ihr wart von den vagen Besprechungen eingelullt – und dachtet, bei einer privaten Verabredung seien fünf Minuten Spielraum drin! Vergesst es. Haargenau zur abgesprochenen Zeit steht der Däne mit laufendem Motor an der Straße und erwartet dich. Die Chinesin toppt das noch, sie steht da schon längst in deinem Wohnzimmer – um nicht unhöflich zu sein, ist sie eine Viertelstunde vor der verabredeten Zeit erschienen.

Namen für die Familie
Dänisch und Chinesisch offenbaren in manchen Ausdrücken eine Weltsicht, die deutschen Muttersprachlern fremd ist. Zum Beispiel ist Opa nicht gleich Opa. Geht es um den Vater der Mutter oder des Vaters? Ist für diese Kulturen etwas völlig Unterschiedliches, kann man doch nicht gleich nennen! Der Vater der Mutter heißt auf Dänisch morfar, auf Chinesisch waigong; der Vater des Vaters heißt dagegen farfar bzw. yeye.

Familiennamen und Vornamen
Verglichen mit Deutschland, trifft man in China und in Dänemark auf erstaunlich wenige Nachnamen. Jeder fünfte Chinese heißt Wang, Li oder Zhang. Mindestens jeder siebte Däne heißt Jensen, Nielsen oder Hansen. (Nur etwa jeder zwanzigste Deutsche heißt Meier, Schmidt, Müller oder eine Variante davon). – Wie vermeidet man nun, dass Millionen Einwohner komplett gleich heißen? Sowohl Chinesen als auch Dänen sind auf kreative Lösungen gekommen: Bei den Chinesen kann man Vornamen frei erfinden, glücksbringende Kombinationen und seltene Schriftzeichen bringen Pluspunkte. Die Dänen kombinieren lieber zwei bis drei gebräuchliche Vornamen mit einer Handvoll Zwischen- und Familiennamen. Hej, Alberte Pernille Skov Krarup Madsen, wie läuft’s denn so?

Ich bin froh, dass ich diese beiden Länder und ihre Kulturen kennen lernen durfte. Mit der Zeit werden mir sicher noch weitere Gemeinsamkeiten auffallen. Dinge, in denen sich Chinesen und Dänen überraschend einig sind. Und Dinge, die nur Deutschland überraschend merkwürdig handhabt 🙂