Im Land der Legenden

Seit ein paar Jahren ist die nordische Mythologie vielerorts in Mode. Und hier in Dänemark und im übrigen Skandinavien sind die alten Sagen zu Hause. In ihre Welt kann man sich noch heute hineinträumen. So etwa in Lejre, dem „Land der Legenden“.

Lejre liegt westlich von Roskilde auf der dänischen Insel Seeland. Nach Kopenhagen braucht man mit dem Auto eine halbe Stunde und nach Møn (wo ich wohne) etwa zwei. Die hügelige Gegend mit ihren Flüssen und Fjorden war schon vor 10.000 Jahren besiedelt. In Alt-Lejre besuchte der Sagenheld Beowulf im 6. Jahrhundert n. Chr. die große Königshalle, bevor er das Ungeheuer Grendel tötete.  Die Reste der Königshalle kann man heute noch sehen, genau wie die Überbleibsel einer riesigen Schiffssetzung aus Wikingerzeiten. Im Vergleich zum 5000 Jahre alten Grabhügel Øm Jættestue, auch in der Gegend, ist das alles ziemlich neu 😉

Ein paar Jahre später, nämlich 1964, begann man im Versuchszentrum Lejre mit experimenteller Archäologie. Ganze Familien zogen in die Vergangenheit, bauten Häuser und Werkstätten und lernten auf diese Weise viel Neues über die alten Techniken. Aus den nachgebauten Anlagen entstand schließlich das Freilichtmuseum Sagnlandet Lejre – zu deutsch: Lejre, das Land der Legenden.

Dort war ich im August mit ein paar Freunden zu Besuch und ich kann es nur wärmstens empfehlen. Wir hatten den perfekten Tag erwischt: Die Sonne schien, die dänischen Sommerferien waren gerade vorbei, es war angenehm ruhig. Ein paar Handwerker demonstrierten den wenigen Gästen ihre Künste, eine Eisenzeitfamilie lud uns zum Gerstenbrei ein.

Wer mehr Action will, kommt in der Hochsaison hier sicher auf seine Kosten. Dann gibt es jeden Tag Demonstrationen in Bogenschießen und Brotbacken, Einbaumfahren, Schmieden und Töpfern. Auch für Kinder gibt es jede Menge Archäologie zum Anfassen und Ausprobieren. Da wir in Dänemark sind, findet man außerdem alle zwei Meter einen hyggeligen Picknicktisch oder Grillplatz, mit Aussicht auf Seen und Grabhügel.

In der Nähe des zentralen Picknickbereichs und Cafés liegt ein mittelalterlicher Kräutergarten (das Museum umfasst auch einige Rekonstruktionen aus jüngerer Zeit, bis ins 19. Jahrhundert hinein).

Wenn man aus diesem Bereich hinauswandert, prägen große Steine die Landschaft.

Der Grabhügel und das Steinlabyrinth sind schon beeindruckend, aber die Krönung des Stein-Erlebnisses ist die 80 Meter lange Schiffssetzung auf einem Hügel. Sie ist eine Kopie des Originals in Gammel Lejre. Zwischen den 28 mannshohen Steinen hat man einen fantastischen Blick auf die Landschaft.

Schiffssetzung (Rekonstruktion im Freilichtmuseum Sagnlandet Lejre, nach dem Wikinger-Original in Gl. Lejre)

Wir streiften mehrere Stunden durch die grüne Landschaft und entdeckten knorrige Bäume, liebliche Seen und immer wieder dezente Hinweise auf die Lebensweise der Vergangenheit.

Es gibt auch ein paar Werkstätten, wo alte Handarbeitstechniken demonstriert werden. Das finde ich natürlich ziemlich „hyggelig“ 😉

Aber den stärksten Eindruck hinterließ bei mir ein verborgener Ort, ganz im Osten des Geländes. Man wandert aus dem Eisenzeitdorf auf schmalen Pfaden in einen Wald. Am Fuß eines steilen Hügels liegt ein geheimnisvoller Teich, hellgrün leuchtend … und mit unheimlichem Inhalt bestückt. Willkommen am Opfermoor!

Seit meinem Besuch in Lejre spuken neue Ideen für eine ganze Kinderbuchserie in mir herum. Sonnige Hügel, strohgedeckte Hütten und fröhliche Familien. Und nachts … das Skelett, das aus dem Tümpel kommt 😉

Welche Landschaften erzählen euch Legenden?