Wo dir Vögel und Grashüpfer guten Morgen sagen

Ein stiller Tag auf meiner Insel. Vom Waldrand spazieren zwei Fasanen heran. Ich atme die frische Luft: Hier ist die Welt noch in Ordnung! Die Fasanen scheren auseinander, laufen im Formationstanz durch das Feld. Dann nehmen sie die Köpfe tiefer und gehen zum Hahnenkampf über.

Die Natur kommt einem hier wunderbar nah. Und es geht nicht immer so friedlich zu wie mit der Taube, die letzten Sommer unsere Pension besuchte. Bertil tauften wir sie. Bertil stand im Innenhof herum, hüpfte im letzten Augenblick aus dem Weg, wenn Gäste ihre Koffer heranrollten, und übernachtete aufgeplustert auf dem Stein vor der Eingangstür. Eines Morgens spazierte er durch die offene Küchentür und folgte dem Koch in den Speiseraum. Er wurde dann wieder hinausgebeten.

Bertil, in Betrachtungen versunken

Ich entdeckte den Ring an Bertils Beinen und rief die Telefonnummer an, die darauf stand. So erfuhr ich, dass Bertil mehrere hundert Kilometer geflogen war. Der Vorbesitzer meinte, er sei erschöpft und desorientiert. So gab ich Bertil Wasser und Linsen und er begann, nicht dem Koch, sondern mir hinterherzuspazieren. Schließlich flog er weiter, vielleicht auf dem Weg zum Nordpol.

Dieses Jahr hat sich keine Taube hier niedergelassen. Doch irgendwo im Äther muss es eine Seite mit Hotelbewertungen geben, die unseren Hof für fliegende Viecher aller Art empfiehlt. Denn nun habe ich oft Gesellschaft von einem Grashüpfer. Vielleicht ist es auch eine Grille, aber zum Glück zirpt sie nicht. Dafür raschelt das Viech ganz schön, wenn es nachts versucht, durch den Türspalt zu kommen. Ich glaube, ich nenne es Grugru. So langsam haben wir eine Beziehung aufgebaut, sie verläuft nach festen Mustern. Ich scheuche Grugru in den Innenhof, am nächsten Morgen sitzt er wieder vor der Tür. Ich trage ihn in den Garten, am nächsten Tag sitzt er in der hintersten Zimmerecke. Ich trage ihn über die Straße zu den Nachbarn, die freuen sich sicher über Besuch.  Am nächsten Morgen, ich will gerade frühstücken, sitzt Grugru auf dem Fensterbrett und sieht mir zu.

 

Nun habe ich Grugru ins Treibhaus getragen, vielleicht mag er da seinen eigenen Hausstand gründen.

Ich glaube, ich gehe Grugru bald besuchen. Irgendwie ist es mir ohne Viecher zu einsam im Zimmer.

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