Dänisch lernen – wie geht das?

Nun wohne ich bald fünf Jahre in Dänemark. Im Sommer treffe ich hier viele deutsche Touristen. Manche machen seit Jahren in Dänemark Urlaub, einige träumen davon, hierher auszuwandern. Wenn sie merken, dass ich fließend Dänisch spreche, kommt häufig die Frage:

Wie hast du eigentlich Dänisch gelernt?

Ich konnte schon leidlich Dänisch, bevor ich hierherzog. Die Grundlagen lernte ich mit 18 Jahren bei einem Abendkurs an einer dänischen Schule in Südschleswig. Das ist die Gegend kurz vor der dänischen Grenze, wo ich aufgewachsen bin. Sie gehörte früher einmal zu Dänemark und noch heute lebt hier eine dänische Minderheit, die ihre eigenen Schulen betreibt. Leider gehöre ich nicht zu den Glücklichen, die zweisprachig aufgewachsen sind. Also fuhr ich einmal die Woche zum Unterricht; ich kann mich nicht mehr erinnern, ob der Kurs über ein halbes oder ganzes Jahr ging. In dieser Zeit lernten wir genug Dänisch, um uns in Alltagssituationen durchzuschlagen, und das konnte ich bei Ausflügen ins Nachbarland natürlich sofort umsetzen.

Das nächste Jahr las ich dänische Comics. Asterix, Tim und Struppi und andere Serien, die ich in der kleinen Schulbibliothek auslieh. Auch ein paar richtige Bücher waren irgendwann dran. Und abends sah ich Nachrichten im dänischen Fernsehen, unter Protesten meiner Eltern und Schwestern. Wir reden schließlich von einer Zeit, als sich eine Familie einen Fernseher als einzige Filmquelle teilte 😉 Heute gibt es ja viel mehr Möglichkeiten, von Nachrichten und Filmen bei Danmarks Radio über allerlei Online-Medien bis hin zu YouTube.

Nach dem Abitur spendierten mir meine Eltern einen weiteren Sprachkurs: diesmal drei Wochen intensiv, an der Internationalen Heimvolkshochschule in Helsingør, nördlich von Kopenhagen. Ich teilte mit einer Ungarin das Zimmer, hörte einem japanischen Opernsänger beim Üben zu und schloss Freundschaft mit einem schottischen Sprachgenie … die meisten Unterhaltungen fanden auf Dänisch statt. Weil mir das so gut gefiel, belegte ich ein Jahr später in den Semesterferien noch einen Kurs: diesmal ganze zwei Monate an der Brandbjerg Højskole in Jelling. Ich belegte Kurse in kreativem Gestalten, europäischer Kulturgeschichte und Dänisch, wir machten Ausflüge und sangen morgens fleißig Lieder aus dem højskolesangbog. Für einen Højskole-/Heimvolkshochschul-Kurs waren die zwei Monate ein kurzer Aufenthalt, viele Dänen verbringen an solchen Institutionen ein halbes oder ganzes Jahr, um sich in allerlei Fachgebieten weiterzuentwickeln. Weitere Informationen gibt es auf der gemeinsamen Webseite der Heimvolkshochschulen, oben rechts versteckt sich dezent der Link zur englischen Seite 😉

Nach diesen zwei Monaten sprach ich schon ziemlich fließend, doch leider rostete mein Dänisch in den folgenden Jahren vor sich hin. Zwar hatte ich die Wochenzeitung Politiken Weekly abonniert, um an meinem bayerischen Studienort nicht all mein Dänisch zu vergessen (heute könnte man einfach alle möglichen Online-Zeitungen lesen). Ich suchte den Kontakt zu Dänen und aus ein paar lockeren Treffen entstand ein skandinavisch-deutscher Studentenverein, doch leider war die Umgangssprache Deutsch (und Facebook, Skype oder andere Austauschmöglichkeiten gab es noch nicht). Ich wohnte in Süddeutschland, zwei Jahre lang sogar in China, und als ich mit 40 Jahren das erste Mal die Pension auf Møn anrief, die inzwischen mein Zuhause geworden ist, musste ich mir vorher zurechtlegen, wie man auf Dänisch ein Zimmer bestellt.

Im August 2013 begann der fünftägige Urlaub, aus dem eine mehrmonatige Auszeit und schließlich ein Umzug wurde. Schon vom ersten Tag an redete ich konsequent Dänisch, wann immer es irgend ging. Auch, wenn mein Gegenüber gut Deutsch oder Englisch konnte. Ich wollte ja üben. Und das hat sich wirklich ausgezahlt!

In der ersten Woche meldete ich mich beim Kirchenchor an, schon drei Tage nach meiner ersten Probe sollten wir in einer Kirche singen. Beim anschließenden Kaffeetrinken hatte ich wirklich zu kämpfen, ich verstand vielleicht zwei Drittel der Unterhaltung und das auch nur, solange ich mich konzentrierte. Doch ich machte weiter. Las die Lokalzeitung, zunächst nur einen Artikel pro Mahlzeit, danach war ich erledigt. Ging sonntags in die Kirche und folgte der Predigt, bis mir die Ohren rauschten. Ließ mich überreden, einen kleinen Erfahrungsbericht auf Dänisch zu schreiben, auch wenn es mich Stunden kostete und ich Dänen zum Korrekturlesen brauchte. Augen zu und durch!

Ist Dänisch schwer?

Auch das werde ich immer wieder gefragt. Was soll ich dazu sagen? Es kommt darauf an, wie gern man Sprachen lernt und wie sprachbegabt man ist. Ich bin so ein Sprachfreak, dass ich auch Chinesisch nicht wirklich schwer fand, man braucht nur Zeit, Lust und ein gutes Lernumfeld …

Mal ehrlich, im Vergleich zu vielen Sprachen ist Dänisch für Deutsche geschenkt. Man kann viele Wörter raten (mus heißt Maus, hus heißt Haus). Die Grammatik ist einfacher (ich bin, du bist, er ist: jeg er, du er, han er). Viele Sprichwörter und Wortbildungen kommen uns aus dem Deutschen bekannt vor (at gå i hundene: vor die Hunde gehen).

Das größte Problem ist für viele die Aussprache. Die ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Hier wäre es am besten, man würde die Verwandtschaft zum Deutschen vergessen, denn die hunde (Hunde) werden ausgesprochen wie hunne.  Das jeg (ich) wie jai. Dänisch klingt, als hätte man beim Sprechen eine Kartoffel im Mund, sagte man südlich der Grenze oft. Man muss lernen, die Wörter zu verschleifen, je undeutlicher, desto besser, und wenn es dann noch authentisch klingen soll, am besten noch den „Stoß“ einbauen, dieses Krächzen vor und nach vielen Vokalen, dem ich auch nach 27 Jahren Dänisch-Sprechen ausweiche. So etwas lernt man nicht von Büchern.

Lohnt es sich, Dänisch zu lernen?

Trotz aller Hängepartien, die man unterwegs vielleicht erlebt, finde ich, es lohnt sich auf jeden Fall. Zumindest, wenn man oft in Dänemark ist oder vielleicht sogar hierher auswandern will. Auch wenn viele Dänen bereitwillig auf Deutsch umschalten, auch wenn man auf Reisen mit Englisch gut durchkommt: Es macht mehr Spaß, wenn man mehr mitbekommt. Was um einen herum geredet wird. Was in den Nachrichten kommt. Was im Kleingedruckten steht, und zwar in der aktuellen Version. Inzwischen verstehe ich 99 Prozent der Unterhaltungen im Chor. Lese die ganze Lokalzeitung in einer Mittagspause. Arbeite für diverse dänische Kunden und schreibe fehlerarm auf Dänisch. Nur meine Aussprache verrät mich als Ausländerin, doch ich bilde mir ein, ich komme immer öfter unerkannt davon 🙂

Wie ist es mit euch? Warum und wie lernt ihr Dänisch, was findet ihr schwer dabei und hat es sich trotzdem gelohnt?

Liebe Grüße aus Møn, Carmen Wedeland

Von der Auszeit zum Arbeitsalltag

Gestern Abend: Sommer in Dänemark. Das Meer glitzert tiefblau am Horizont. Schmetterlinge tanzen in der warmen Luft. Und ich sitze seit Stunden an der Steuererklärung.

Bild von 2015. Damals hatte ich noch (Aus)Zeit zum Fotografieren.

Oft horchen Urlauber interessiert auf, wenn sie meine Geschichte mitbekommen. Eine Auszeit im Ausland, spontan ausgewandert? Das klingt ja traumhaft.

Es stimmt: Ich habe einen Traum verwirklicht.
Ich wohne, wo andere Urlaub machen.
Doch inzwischen ist es mein Alltag geworden.

Viele träumen davon, für immer nach Dänemark zu ziehen. Weil die Dänen so nett und entspannt sind. Weil die Landschaft so schön ist, mit all den Stränden und Inseln. Weil sie sofort in Urlaubsstimmung kommen, wenn sie nur ein Foto von ihrem „gelobten Land“ sehen.

Ja, viele Dänen sind nett. Manche wahrscheinlich auch nicht. Für mich sind die Leute um mich rum nicht einfach „die Dänen“. Es sind Individuen wie wir alle, Uffe und Carsten und Inge und Susanne. Es sind meine Freunde und Nachbarn, Arbeitgeber und Kollegen. Jeder hat seine Eigenarten. Genau wie „die Chinesen“, die ich in zwei Jahren Peking kennen gelernt habe. Genau wie „die Bayern“, bei denen ich viele Jahre lebte. Man kann überall tollen Menschen begegnen.

Ja, die Landschaft ist schön. Der Ostteil bezaubert mit vielen Inseln, der Westteil mit weiten Stränden. Ich vermute allerdings stark, dass es auch in Dänemark langweilige Ecken gibt. Wahrscheinlich sogar ein paar hässliche. Leider hatte ich noch keine Zeit, die zu suchen. Denn ich muss arbeiten, die Auszeit ist vorbei. Aber das Arbeiten kann ja auch an schönen Orten stattfinden. Ich habe meinen Neigungen nachgegeben und arbeite z. B. als Rezeptionistin in einer Pension mit Meerblick und einem Labyrinthpark mit jeder Menge Grün.

Bin ich deshalb dauernd in Urlaubsstimmung? Nein. Mein neuer Alltag hat mich im Griff. Samt Steuererklärung, TÜV und Zahnarztbesuch. Doch von solchen Tiefpunkten abgesehen, finde ich meinen Alltag meist fast besser als Urlaub. Denn ich habe die Gelegenheit genutzt, diesen Alltag neu zu definieren. Schließlich hatte hier niemand bestimmte Erwartungen an mich Eingewanderte. So konnte ich mich, nach vielen Jahren als Texterin und Redakteurin, zur Abwechslung auch in den Tourismus stürzen; ich putze ein bisschen und wasche ab, ich nähe und singe in verschiedenen Dorfkirchen. Solche Jobs wären mir in Deutschland nie untergekommen. Das alles hat mir neue Erkenntnisse gebracht, über die Welt, das Leben und mich selbst. Und am Ende der Touristensaison habe ich mir einen kleinen Urlaub redlich verdient. (Ich werde ihn in Deutschland verbringen.)

Für die kleinen Auszeiten im Arbeitsalltag  werde ich zwischendurch in die Wellen hüpfen. Eine Mondscheinwanderung an den Kreidefelsen machen. Mit Susanne Kaffee trinken, mit Carsten & Co. singen.  Und wenn ich wieder an der Steuererklärung sitze, tröstet mich der Meerblick doch ein kleines bisschen 🙂

22 Winter-Visionen

Es ist heiß hier in Dänemark. Der Mai war der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und der Juni geht genauso weiter. Wir schwitzen bei um die 30 Grad, seit Wochen hat es kaum geregnet. Ich wollte heute eigentlich Unkraut jäten, auf unserer südlichen Terrasse, doch in der Sonne halte ich es nicht aus. Es wird wohl auch von selbst verdorren.

Zur Erfrischung für mich – und für alle anderen im Nordteil Mitteleuropas, die es langsam zu heiß finden – poste ich ganz antizyklisch ein paar Winterbilder. Denn noch vor zehn Wochen war Dänemark von Schnee bedeckt, Ostersonntag habe ich erstmal zwei Stunden den Innenhof freigeschaufelt. Damals wuchsen uns die Verwehungen über den Kopf, jetzt finde ich die weiße Pracht wunderschön 🙂

Liebe Grüße von der Insel und ein gutes Wochenende euch allen, Carmen Wedeland

P. S. Hier habe ich auch andere Jahreszeiten abgelichtet:
Nur schnell ein paar Fotos
Die Schönheit des Augenblicks
Noch mehr Momentaufnahmen aus Møn
Hundert bunte Inselbilder
99 Naturaufnahmen
75 Frühsommerfotos
93 Dänemark-Bilder

Mondschein-Wandern an Møns Klint

Manchmal muss man den Alltag hinter sich lassen. Den Augenblick genießen, im Hier und Jetzt. Denn To-Do-Listen verblassen, doch magische Momente bleiben in Erinnerung.

Darum war ich neulich mit einer Freundin zusammen wandern. Nachts.

Eigentlich war ich völlig übermüdet. Eigentlich hatte ich tausend andere Dinge zu tun. Und doch war es der perfekte Zeitpunkt. Ein lauer Abend im Mai, ein Sonnenuntergang und eine Vollmondnacht.

Es duftete nach Flieder, als wir gegen neun Uhr abends das Haus verließen. Jetzt in den Weißen Nächten wird es in Dänemark nicht richtig dunkel, doch etwas schummerig war es schon, als wir den Buchenwald jenseits des Dorfes betraten. Eine halbe Stunde schlängelte sich der Pfad bergan, dann öffnete sich plötzlich die Landschaft. Wir waren auf dem Kongsbjerg, dem „Königsberg“ von Møn, mit 139 Metern über dem Meeresspiegel bietet er einen fantastischen Ausblick. Die Sonne versank im Westen, davor lagen die Hügel in graugrünen Schichten, das Meer füllte den Horizont.  In der Ferne leuchteten Schiffe, und vor unseren Füßen blühte wilde Akelei. In den Büschen schlug die Nachtigall, als wir die Hügel hinabstiegen.

Gegen halb elf waren wir wieder zu Hause – und starteten gleich zum zweiten Teil: Nach dem Sonnenuntergang wollten wir den Vollmond würdigen. Und wo anders ist der Mond schöner als über dem Meer? Wir wanderten wieder eine halbe Stunde, diesmal auf Landstraße und Feldweg Richtung Radarturm. Dort, am Rand der Kreidefelsen, überraschte uns ein starkes Licht. Wir spekulierten über Außerirdische, doch es war ein Forscher, der Nachtfalter anlockte und in sein Notizbuch schrieb. Wir rissen uns von dem blendenden Licht los und tasteten uns bei Mondschein und Blätterschatten die Treppe zum Strand hinab.

Meeresrauschen, Schiffsgeblinke, eine Landschaft in Schwarz und Weiß. Jeder Feuerstein vor unseren Füßen war in klaren Konturen gezeichnet. Wie Pappmachee ragten die Felsen in den Himmel, seltsam zweidimensional in dem fahlen Licht. Und über dem Wasser hing der Mond, die Wellen zogen silberne Kreise.

Eine der größten Attraktionen Dänemarks – die Kreidefelsen von Møns Klint – in den Sommerferien gut besucht, bei Tag tausendfach fotografiert. Doch in diesem magischen Augenblick waren wir ganz allein. Meine Kamera kann diesem Erlebnis nicht gerecht werden, genauso wenig wie Worte. Ihr müsst es eigentlich selbst erfahren.

Wir wanderten zwischen Brandung und Felsen. Seltsam schwankend, denn Entfernungen waren im Mondlicht schwer abzuschätzen: Der Boden wirkte unebener, als er war. Oder waren wir doch zu müde? Ich denke nicht, das Erlebnis hatte uns wach gemacht. Wir bewunderten die Verwirbelungen der Felsen, bis diese schließlich in sanftere Hänge übergingen. Ein schmaler Pfad führte durch dichtes Gebüsch, dann waren wir wieder oben an der Steilküste … wo uns ein neues Schauspiel in den Bann zog.

Der kleine Leuchtturm, Møns Fyr, kaum höher als die umliegenden Bäume, doch sein Innenleben hat einen weiten Wirkungskreis. In der Kuppe dreht sich ein orangefarbener Diamant, seine Strahlen tasten die Felder ab, fahren über das Meer hinaus und lassen das Laub der Bäume in Flammen aufgehen. Wie die Nachtfalter des Insektenforschers wurden wir von dem Licht angezogen, gerade noch kriegten wir die Kurve und fanden wieder zur Straße zurück. Im Licht von Mond und Sternen wanderten wir nach Hause, besungen von einer Nachtigall und gebadet in Rapsduft.

Eigentlich hatte ich tausend andere Dinge zu tun. Eigentlich war ich völlig übermüdet gewesen. Doch ich schlief tief und wachte glücklich auf.  Und die magischen Momente bleiben in Erinnerung.

Meine erste Nachtwanderung auf Møn, im Mai 2014. Noch immer eine Lieblingserinnerung 🙂

Meervideos aus Møn

Wind, Wellen und Wasser, so weit das Auge reicht.
Sanfte Sonnenuntergänge. Brausende Brandung.
Der Vollmond über dem schwarzen Meer.

Nach einem langen Arbeitstag mag ich nichts mehr lesen. Erst recht nicht etwas schreiben. Aber ich habe es in den letzten Monaten doch immer wieder ans Wasser geschafft. Und habe immer wieder das Meer gefilmt.

Vielleicht mögt ihr euch auch durch ein paar Wellen-Videos klicken. Die meisten sind von der Insel Møn, eines von der Nachbarinsel Seeland. Zwei sind von 2016, da waren die Kreidefelsen so spannend am Abbröckeln. Und das letzte ist senkrecht, weil ich gerade keinen Nerv habe, die Undreh-Funktion zu finden. Passt auf, dass euch das Wasser nicht aus dem Bildschirm läuft 😉

Liebe Grüße aus Dänemark!
Carmen Wedeland

 

 

Pausenbild

Eigentlich hatte ich dieser Tage so viel vor.
Schreiben. Was schaffen. Weichen stellen.
Ich glaube, ich lasse es alles bleiben.
Nur noch schauen. Staunen. Und Schnee schaufeln 🙂

(Aussicht auf die Ostsee von der Pension Bakkegaard Gæstgiveri Møns Klint auf der Insel Møn, 27. und 28. Februar 2018. Starker Ostwind, jede Menge Schnee und noch mehr Schneeverwehungen!)

P. S. Wer mehr Schneebilder sehen will – bitteschön:
22 Winter-Visionen

Ich werde weiter integriert

Gut vier Jahre treibe ich mich nun auf meinem Inselchen herum. Dänemark und ich gewöhnen uns immer mehr aneinander. Indizien dafür habe ich schon früher aufgezählt:

Nun kommt es, wie es kommen musste: Ich werde weiter integriert.

Kommunikation

Besuch in Kopenhagen: Der Lieblingsinder meiner Freundin war nur per App erreichbar.

Drehe mich überrascht um, wenn ich jemanden Deutsch reden höre. Auch, wenn ich gerade in Deutschland bin.

Habe jetzt endlich eine dänische Handynummer. Hat lange gedauert, weil ich in einem Mobilfunkloch einer Oase des Friedens lebe. Dank Wlan-Calling kann ich nun am Leben teilhaben, zu Hause und unterwegs. Pizza bestellen, auf dem Flohmarkt einkaufen, Fahrpläne finden: Alles mit Apps sehr viel einfacher. Denn Dänemark ist durchdigitalisiert!

Mobilität

Habe reisemäßig aufgerüstet: Mein BroBizz, ein kleiner grauer Kasten fürs Auto, öffnet magisch allerlei Mautschranken und zieht ganz dezent im Hintergrund das Geld ein, ob auf der Brücke nach Schweden oder im Parkhaus am Flughafen.

Auch ohne Auto könnte ich professionell pendeln. Mit meiner Rejsekort kann ich die öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Dänemark* nutzen: einchecken, auschecken und das Geld fließt unauffällig vom Konto. Nie wieder grübeln, ob für ein paar Stunden Großstadt Einzel- oder Tagestickets besser sind – die Rejsekort berechnet alle Rabatte von selbst.

* die öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Dänemark: außer da, wo ich wohne, denn hier gibt es nur in der Urlaubszeit Busse 😉

Gesundheitswesen

Habe schon fünf dänische Krankenhäuser von innen gesehen. Nicht, weil ich fünfmal krank gewesen wäre: Der Verdacht auf eine Krankheit reicht, um eine monatelange Irrfahrt über die Inseln starten zu lassen. Zum MRT durfte ich nach Nykøbing (70 km südwestlich von mir), für die Verkündung des Ergebnisses nach Slagelse (110 km nordwestlich von mir) und weil das Ergebnis grenzwertig war, sogar noch nach Kopenhagen (140 km nördlich von mir). Jetzt bin ich offiziell gesund (genau wie vor der Odyssee) und als Bonus berechtigt, in die allgemeinen Klagen zum überlasteten Gesundheitswesen einzustimmen.

Staat und Gesellschaft

Habe 2017 nicht nur den Deutschen Bundestag, sondern auch den Gemeinderat von Vordingborg mitgewählt. Letzteres mit größerem Erfolg: Nur Stunden nach der Stimmenzählung gab es einen Regierungswechsel, samt Koalitionspapier und neuem Bürgermeister.

Habe probeweise den Wissenstest für den Erwerb der dänischen Staatsbürgerschaft gemacht. 40 Fragen zur Geschichte, Kultur, Politik und Aktuellem … ich hatte 34 Richtige (gut geraten) und damit bestanden! Vielleicht sollte ich es in echt  probieren, wenn ich fünf Jahre hier gewohnt habe?

Elf gute Gründe, auf eine Insel zu ziehen

Als ich meinen Freunden 2013 verkündete, ich würde alles hinter mir lassen und auf eine Insel ziehen, sagten erstaunlich viele: „Das will ich auch!“
Träumst du genauso vom Inselleben?
Darum solltest du gleich losziehen:

1. Weil der Blick auf Wellen so beruhigt

Eine Stunde am Meer, und alle Sorgen sind fortgespült. Ich atme mit den Wellen, mir wird bewusst, dass wir nur ein kleiner Teil des Kosmos sind. Mich tröstet dieser Gedanke jedes Mal. Ein Bild vom Meer bewirkt das nicht: Man muss es sehen und spüren, hören und schmecken, am besten noch durchs Wasser laufen, schwimmen und tauchen. Das ist Meditation mit allen Sinnen, für Seele, Körper und Geist.

2. Weil es Strände ohne Ende gibt

Eine Insel ist von Strand umgeben. Steinstrand, Sandstrand, Steilküste, Schilf. Egal wonach einem ist, es ist immer in Reichweite. Im Norden blendet auch im Sommer die Sonne nicht. Im Westen schießt man perfekte Sonnenuntergangsfotos. Im Osten können sich Frühaufsteher schon morgens sonnen.  Letztes Jahr habe ich 16 Strände besucht, diesen Sommer sieben weitere Strände, ganz einfach auf dem Weg zur Arbeit, und es gibt noch so viel zu entdecken. Fortgeschrittene Strandbesucher wissen, wo man am besten badet, wo man am schönsten wandert, wo es essbaren Tang gibt und wo im Winter der Bernstein antreibt.

3. Weil Brücken so erhebend sind

Eine Insel mit Brücken ist das Beste! Ich kenne kein tolleres Gefühl, als hoch auf den Farø-Brücken zu fahren, hinter mir die Insel Falster, vor mir die Insel Seeland, unter mir Farø, rechts liegt Bogø und dahinter Møn. Die Welt steht einem offen, man braucht nur zu wählen! Das blaue Meer wogt unter mir, an zwei Horizonten glänzen weitere Brücken, sie laden ein, durch die Luft zu fahren. Und wenn ich auf dem Damm von Bogø nach Møn fahre, ist es, als würde ich durchs flache Wasser gleiten, im Einklang mit dem Universum.

4. Weil eine Schifffahrt alle Sorgen wegspült

Eine Insel ohne Brücken ist auch besonders! Dann muss man mit dem Schiff dorthin. Mit großen Fähren. Mit schaukelnden Kähnen. Mit Segelbooten. Wer gerne segelt oder surft, sollte nicht im Landesinneren wohnen. Wer gerne Fotos macht, findet in den Häfen und auf See immer neue Blickwinkel. Und wer eine längere Fährfahrt macht, hat Zeit, sich die Füße zu vertreten, Zeit, das Leben an sich vorbeiziehen zu lassen und sich auf das Kommende einzustellen. Ich freue mich immer wieder darauf!

5. Weil die Luft so frisch ist und der Himmel so hoch

Die Luft riecht aufregend nach Salz, wenn man an der Nordsee ist, und einfach erfrischend an der Ostsee. Der Wind treibt die Wolken vor sich her; egal wie sehr es am Morgen regnet, am Nachmittag scheint die Sonne wieder. Und am Abend türmen sich rosa Wolken kilometerweit in den Himmel, der freie Horizont lässt das Herz aufgehen.

6. Weil selbst das Land nach See aussieht

Das nahe Meer macht etwas mit dem Land. Die Erde bildet Buchten und Watt und Kliffs. Die  Bäume werden vom Wind zurechtgeblasen. Die Möwen fliegen übers Land, die Häuser ducken sich in die Hügel, die Häfen wachsen ins Meer. Städte sind stolz auf ihre Fischertradition. Selbst große Städte wie Kopenhagen wirken durch das Meer entspannter. Die Luft ist frisch, das Meer lässt Licht zwischen die Häuser, die Brücken laden zum Flanieren ein. Und abends sitzt man gemütlich am Hafen und lässt die Beine übers Wasser baumeln.

7. Weil nur die Einheimische wissen, wie schön es im Winter ist

Natürlich kann man die maritime Stimmung auch als Tourist erleben. Man kann sogar jedes Jahr im gleichen Ferienhaus Urlaub machen und sich irgendwie wie ein Inselmensch fühlen. Und doch ist es anders, wenn die Touristensaison vorbei ist. Die Strände werden einsam. Die Wälder sind groß und leer. Das Wetter kann nochmal schön werden, warm im September und sonnig im November. Kahle Bäume geben den Blick auf die Landschaftsformen frei. Und wenn es im Winter schneit, dann glitzert die ganze Welt. Das geschieht hier in Dänemark nicht oft, meist ist die Pracht nach einem Tag verschwunden. Wer dann erst lange anreisen muss, hat das Schönste schnell verpasst. Meist haben die wenigen Inselbewohner all die Herrlichkeit für sich.

8. Weil die Menschen miteinander leben

Knapp 10.000 Menschen wohnen auf „meiner“ Insel Møn, wenn die Touristen abgereist sind. Am Ostrand, wo ich lebe, sind es im Winter gefühlte zwanzig. Und mit denen freundet man sich an, wenn man lange genug bleibt, ob im Chor, in der Nachbarschaft, bei Events. Denn alle gehen auf das gleiche Konzert, wenn denn mal eines stattfindet. Nach und nach lernt man Leute kennen, die man in der Großstadt vielleicht übersehen würde. Weil dort immer andere greifbar sind, die spannender erscheinen, die besser zu einem passen, vom Alter, vom Hintergrund, von den Hobbys her. Hier ist man auf seine Nachbarn angewiesen, probiert Neues, schließt Freundschaft über Generationen. Und viele sind aufgeschlossen und interessiert. Alleine die Tatsache, dass man auch hier wohnt, bei Regen und Sturm, gibt Bonuspunkte. Trotz aller Brücken bleibt die Vorstellung, dass man im Winter gemeinsam eingeschneit sein könnte, und dann halten Inselbewohner zusammen.

9. Weil Beschränkung auch befreit

Es ist gut, sich auf das Nahe zu konzentrieren. Das muss man auch, wenn man so abgelegen wohnt wie ich. Hinter der nächsten Biegung hört das Land auf: Im Osten und Süden kommt nach einem Kilometer das Meer. Im Norden sind vier Kilometer Wald. Nur nach Westen breitet sich die Insel aus, bis zum nächsten kleinen Supermarkt fahre ich fünf Kilometer, zur nächsten Kleinstadt ganze 17. Wenn ich abends zu Hause ankomme, ziehe ich nicht noch mal schnell los, bloß weil ich die Milch vergessen habe. Ich kann mich auch kaum spontan auf einen Kaffee verabreden. Alles geht langsamer, man beschränkt sich auf das Wesentliche, findet einen neuen Rhythmus. Will man pulsierendes Leben, ist das die Hölle. Will man in Ruhe an einem Roman arbeiten, im Garten werkeln oder wandern, ist es das Paradies 🙂

10. Weil es für jeden die richtige Insel gibt

Möchtest du weg von allem? Es muss ja nicht immer Dänemark sein. Wie wäre es mit einem kleinen Atoll vor Australien? Einer Vulkanlandschaft auf Neuseeland? Einem Waldstück in einem kanadischen See? Oder wenn das alles zu entlegen ist, gäbe es da noch ein paar Halligen oder diesen Vorort von Helsinki: die Insel Suomenlimna, wo die Schiffe ein Teil des Busnetzes sind. Ich bin zufrieden mit dem Kompromiss, den ich gefunden haben: Møn ist eine mittelgroße Insel, weg von den Hauptverkehrsstraßen und doch nur 90 Minuten von Kopenhagen entfernt.

11. Weil es ärgerlich ist, dass du Atlantis verpasst hast

 

Atlantis, die sagenhafte Hochkultur – leider seit Jahrtausenden passé. Rungholt, die reiche Stadt, in den Nordseefluten versunken. Und auch an den Kreidefelsen von Møn nagt das Meer, wie dieses Video vom letzten Herbst zeigt. Also: Finde dein Paradies, solange es noch da ist! Ob Malediven oder Mallorca, Britannien oder Borkum. Bevor der Klimawandel, die ganz normalen Unwetter, die menschlichen Konflikte alles kaputtgemacht haben.

Ich könnte sicher noch 100 gute Gründe hinzufügen, warum man sofort auf eine Insel ziehen sollte.  Falls ihr euch für Dänemark interessiert, schaut doch mal in das schöne Buch „111 Gründe, Dänemark zu lieben“, das meine Bloggerkollegin Maritta Demuth geschrieben hat. Der Reihentitel hat mich zu diesem Beitrag inspiriert.

Und falls ihr euch jetzt inspiriert fühlt, packt die Sachen und folgt eurem Traum – bevor er im Alltagsstress untergeht!

Liebe Grüße von der Insel, Carmen Wedeland

Jetzt erhältlich: Mein Buch „Handmade Hygge“

Der Herbst ist da! Die perfekte Zeit, um sich drinnen einzukuscheln, mit viel Lesestoff und einem entspannenden Hobby. Wenn euch dieser Gedanke glücklich macht, dann habe ich jetzt das richtige Buch für euch 🙂 Mein erstes Werk aus Dänemark ist gerade erschienen: Handmade Hygge – Strick-, Häkel- und Nähprojekte zum Wohlfühlen. Ihr könnt es direkt beim Verlag bestellen oder über Amazon oder beim Buchhändler eures Vertrauens; auch in Handarbeitsläden ist es zu finden.

Tatsächlich war das Interesse im Handel so groß, dass der Verlag schon die zweite Auflage angestoßen hat, kaum dass die erste gedruckt war! Liegt es daran, dass kreative Beschäftigung Spaß macht? Oder dass viele sich fragen, wie man im Hier und Jetzt glücklich wird? Hygge ist jedenfalls ein Lifestyle-Trend: die dänische Antwort auf den Alltagsstress, ein einfacher Weg zu Gemütlichkeit und Geborgenheit.

Für mich war die Arbeit am Buch sehr hyggelig. Ich habe die Einleitung verfasst, die erklärt, warum Hygge in unserer hektischen Welt so guttut und warum die Dänen zu den glücklichsten Menschen der Welt zählen. Ich beschreibe, wie sich Hygge im Jahreslauf verändert, vom Sommerhaus-Urlaub bis zu Weihnachtsbasteleien. Und viele Däninnen erklären, warum Handarbeiten sie so entspannt.

Ich habe Dutzende von Dänen gefragt, was für sie persönlich Hygge ausmacht. Auf meine erste Rundmail bekam ich die unterschiedlichsten Antworten, darunter die Überlegungen eines Geschäftsführers zu Hygge am Arbeitsplatz und die gesammelten Gedanken einer ganzen Schulklasse!

Die Antworten haben mir gezeigt, dass es trotz aller Unterschiede ein paar grundlegende Dinge gibt, die Hygge-Stimmung fördern. Genaueres steht im Buch, aber ich kann schon verraten, dass kreative Beschäftigung oft dazugehört! Das interessierte mich natürlich besonders, also habe ich Kursteilnehmerinnen meiner Lieblings-Handarbeitsschule hier auf Møn interviewt. An den Zuschneidetischen und Nähmaschinen entstanden angeregte Gespräche über Hygge, vom Frauenleben in den Siebzigern bis zu Schilderungen vom letzten Stricktreff. Auch meine eigenen Erfahrungen in Dänemark fließen in das Buch ein. Darunter Kochabende auf dem Land und in Kopenhagen, Einblicke in die Schlafzimmerdeko kreativer Däninnen und ein Gespräch mit der Malerin Lise Meijer zum Thema, wie man im Badezimmer Hygge schafft.

Lavendelherzchen zum Selberstricken

Heute möchte ich allen danken, die mit ihren Gedanken und Tipps zum Buch beigetragen haben: Tusind tak for hjælpen!

Lieben Dank auch an das Team vom frechverlag, der im März mit der Idee auf mich zukam, allen voran meiner Produktmanagerin Lisa-Marie Weigel für die hyggelige Zusammenarbeit!

Knapp drei Monate existierte das Buch für mich nur virtuell, von der Verlagsanfrage bis zur Manuskriptabgabe. Jetzt liegt es vor mir, in Hardcover, 176 Seiten stark und über 800 Gramm schwer. Mit meinen Texten und mit mehr als 40 Anleitungen für hyggelige Handarbeiten, von der genähten Patchworkdecke über das gestrickte Kuschelschaf bis zum gehäkelten Loopschal. Alle Handarbeitsanleitungen stammen von drei ausgewiesenen Expertinnen, ein Schnittmusterbogen ist auch dabei.

Noch bevor ich mein Werk selbst in der Hand hatte, kam schon die erste Rückmeldung hier auf meinem Blog. Ulrike vom Nordseeblog Watt & Meer hat sich das Buch gekauft und findet es „entzückend“ 🙂

Jetzt bin ich natürlich gespannt, was ihr zum Thema sagt! Braucht ihr mehr Hygge in eurem Leben? Womit macht ihr euch die kalte Jahreszeit gemütlich? Hättet ihr Lust auf Handarbeiten?

Einen hyggeligen Herbst wünsche ich euch allen!

P. S. Im Mai habe ich das Buch hier auf meinem Blog angekündigt.
Als kleinen Teaser gibt es hier ein deutsch-dänisches Hygge-Lied 🙂

P. P. S. Im April 2018 ist das Buch auf Dänisch erschienen! Zu bestellen zum Beispiel hier bei Saxo. Oder fragt im Buchladen eures Urlaubsortes danach.

Im Land der Legenden

Seit ein paar Jahren ist die nordische Mythologie vielerorts in Mode. Und hier in Dänemark und im übrigen Skandinavien sind die alten Sagen zu Hause. In ihre Welt kann man sich noch heute hineinträumen. So etwa in Lejre, dem „Land der Legenden“.

Lejre liegt westlich von Roskilde auf der dänischen Insel Seeland. Nach Kopenhagen braucht man mit dem Auto eine halbe Stunde und nach Møn (wo ich wohne) etwa zwei. Die hügelige Gegend mit ihren Flüssen und Fjorden war schon vor 10.000 Jahren besiedelt. In Alt-Lejre besuchte der Sagenheld Beowulf im 6. Jahrhundert n. Chr. die große Königshalle, bevor er das Ungeheuer Grendel tötete.  Die Reste der Königshalle kann man heute noch sehen, genau wie die Überbleibsel einer riesigen Schiffssetzung aus Wikingerzeiten. Im Vergleich zum 5000 Jahre alten Grabhügel Øm Jættestue, auch in der Gegend, ist das alles ziemlich neu 😉

Ein paar Jahre später, nämlich 1964, begann man im Versuchszentrum Lejre mit experimenteller Archäologie. Ganze Familien zogen in die Vergangenheit, bauten Häuser und Werkstätten und lernten auf diese Weise viel Neues über die alten Techniken. Aus den nachgebauten Anlagen entstand schließlich das Freilichtmuseum Sagnlandet Lejre – zu deutsch: Lejre, das Land der Legenden.

Dort war ich im August mit ein paar Freunden zu Besuch und ich kann es nur wärmstens empfehlen. Wir hatten den perfekten Tag erwischt: Die Sonne schien, die dänischen Sommerferien waren gerade vorbei, es war angenehm ruhig. Ein paar Handwerker demonstrierten den wenigen Gästen ihre Künste, eine Eisenzeitfamilie lud uns zum Gerstenbrei ein.

Wer mehr Action will, kommt in der Hochsaison hier sicher auf seine Kosten. Dann gibt es jeden Tag Demonstrationen in Bogenschießen und Brotbacken, Einbaumfahren, Schmieden und Töpfern. Auch für Kinder gibt es jede Menge Archäologie zum Anfassen und Ausprobieren. Da wir in Dänemark sind, findet man außerdem alle zwei Meter einen hyggeligen Picknicktisch oder Grillplatz, mit Aussicht auf Seen und Grabhügel.

In der Nähe des zentralen Picknickbereichs und Cafés liegt ein mittelalterlicher Kräutergarten (das Museum umfasst auch einige Rekonstruktionen aus jüngerer Zeit, bis ins 19. Jahrhundert hinein).

Wenn man aus diesem Bereich hinauswandert, prägen große Steine die Landschaft.

Der Grabhügel und das Steinlabyrinth sind schon beeindruckend, aber die Krönung des Stein-Erlebnisses ist die 80 Meter lange Schiffssetzung auf einem Hügel. Sie ist eine Kopie des Originals in Gammel Lejre. Zwischen den 28 mannshohen Steinen hat man einen fantastischen Blick auf die Landschaft.

Schiffssetzung (Rekonstruktion im Freilichtmuseum Sagnlandet Lejre, nach dem Wikinger-Original in Gl. Lejre)

Wir streiften mehrere Stunden durch die grüne Landschaft und entdeckten knorrige Bäume, liebliche Seen und immer wieder dezente Hinweise auf die Lebensweise der Vergangenheit.

Es gibt auch ein paar Werkstätten, wo alte Handarbeitstechniken demonstriert werden. Das finde ich natürlich ziemlich „hyggelig“ 😉

Aber den stärksten Eindruck hinterließ bei mir ein verborgener Ort, ganz im Osten des Geländes. Man wandert aus dem Eisenzeitdorf auf schmalen Pfaden in einen Wald. Am Fuß eines steilen Hügels liegt ein geheimnisvoller Teich, hellgrün leuchtend … und mit unheimlichem Inhalt bestückt. Willkommen am Opfermoor!

Seit meinem Besuch in Lejre spuken neue Ideen für eine ganze Kinderbuchserie in mir herum. Sonnige Hügel, strohgedeckte Hütten und fröhliche Familien. Und nachts … das Skelett, das aus dem Tümpel kommt 😉

Welche Landschaften erzählen euch Legenden?