Im Mai habe ich vier Ratgeber für Romanautoren vorgestellt, die ich immer wieder zur Hand nehme.
Jetzt kommen die besten Blogs für Buchautoren – natürlich wieder aus meiner völlig subjektiven Sicht 🙂
Richard Norden:
Autorennewsletter/WritersWorkshop.de
Jeden Samstag freue ich mich, wenn der „Autorennewsletter“ von Richard Norden in meinem E-Mail-Postfach landet. Man kann ihn auf der Seite WritersWorkshop.de abonnieren oder die alten Beiträge auf seinem Blog nachlesen. Norden liefert anschauliche Tipps zum Handwerk des Schreibens, sein aktuelles Schwerpunktthema sind beispielsweise „Protagonisten“:
Eine der häufigsten Fragen rund um Protagonisten ist, wie man Romane mit mehreren Protagonisten schreibt. Die Antwort auf diese Frage gefällt den meisten allerdings nicht: „Nach Möglichkeit gar nicht.“
Diese etwas launisch klingende Antwort hat einen Grund. Die meisten Romane werden besser und stärker, wenn man sich auf einen einzigen Protagonisten beschränkt.
Aber wird das nicht langweilig? (…)
Darüber grüble ich seit letztem Samstag nach … Richard Nordens Ausführungen dazu gibt’s in seinem Artikel „Wie viele Protagonisten kann ein Roman vertragen?“.
Stephan Waldscheidt:
Schriftzeit.de
Stephan Waldscheidt hat es im Mai schon auf meine Ratgeber-Empfehlungsliste geschafft, mit seinem Buch Schreibcamp – Die 28-Tage-Fitness für Ihren Roman. Seine Website schriftzeit.de enthält noch viel mehr plakative, anschauliche und überzeugende Schreibtipps. Jeder einzelne davon macht mir Lust, mein komplettes Buchprojekt umzukrempeln und es noch, noch, noch besser zu machen. Zum Beispiel dieser:
Ich bin ein großer Fan von detailreichem Schreiben. (…) Dennoch findet sich in manchen Romanen eine erdrückende Detailfülle bei Beschreibungen. Das können genaue Beschreibungen von Dingen sein, wie etwa die eines Portals, die sich über mehrere Seiten erstreckt (Umberto Eco, »Der Name der Rose«). Oder minutiöse Aufzeichnungen von Abläufen (»Sie hob das rechte Bein, drehte sich auf dem linken um die eigene Achse und trat dem Angreifer mit der ausgestreckten Zehe zwischen die zweite und dritte Rippe von oben. Der Angreifer fiel nach hinten, wischte bei dem Versuch, sich irgendwo zu halten, mit der linken Hand Gläser vom Tisch, und zog mit der rechten gleichzeitig seine Pistole und schnippte mit dem Daumen den Sicherungshebel …«).
Das ist realistisch, oder? In der Realität ist dieses Portal so detailreich, Eco hätte ein ganzes Buch darüber schreiben können statt nur zehn oder zwanzig Seiten. In der Realität sind Bewegungen von Menschen bei einem Kampf so komplex, dass man jeder Kampfsekunde mindestens zwei, drei Sätze widmen müsste, um sie einzufangen.
Die Realität ist: Sie können das Leben nicht einmal ansatzweise erschöpfend beschreiben. Sie schaffen es nicht einmal, auch nur ein Prozent der Wirklichkeit in Ihrem Roman abzubilden. (…)Also versuchen Sie es gar nicht erst. Jedes Buch hat einen Mechanismus mit eingebaut, der dafür sorgt, dass die Geschichte den Detailreichtum bekommt, den sie braucht, um zu wirken. Man nennt diesen Mechanismus umgangsprachlich auch »Leser«.
Ihre Aufgabe als Autor ist es, Kondensationskerne in den Kopf Ihrer Leser zu pflanzen, aus denen die Story entsteht.
Wie man das anstellt, erklärt Stephan Waldscheidt in seinem Artikel „Realistische Romane schreiben“, aus dem obiges Zitat stammt.
Der Blog einer Schreibschule aus Südafrika liefert prägnante Tipps zum Schreiben, gewürzt mit Checklisten, Grafiken und immer viel Humor. Hier ein Auszug aus Mia Bothas Artikel zu der Frage, wie man Schauplatz, Handlung und Dialog geschickt verknüpft:
As I have mentioned, I prefer dialogue to narrative. So much so, I actually skip blocks of description when I read. This is obviously not ideal, but then again neither is my wine habit. And I’m not giving that up either. (…)
How do I include setting detail without inducing a coma with blocks of description? Remember, I love writing that shows. There are authors who excel at telling and who write brilliant, intoxicating descriptions. I don’t. I want stuff to happen. (…)
Consider this example:
“Why did you choose this place?” His nose is scrunched. His upper lip is pulled up at the corner. “It’s very dark in here.”“You said you didn’t mind where we ate.” She sighs, closing her eyes for a moment.“Well, I mind now.” He tries to move his chair, but it catches on the thick carpet. “How do they expect you to move your chair?” He tugs it again.“Do you want to go somewhere else?”“I’ll survive I suppose,” he says and flicks open the menu. “When in Rome,” he mumbles, “although I suppose Rome would find the association rather insulting.” (…)
Das ausführliche Beispiel findet ihr in Mia Bothas Blogbeitrag „How To Convey Setting In Dialogue – Without Sounding Like A B&B Brochure“.
Andreas Eschbach: Übers Schreiben
Andreas Eschbach schreibt natürlich vor allem Bestseller, aber bis 2007 hat er viele Artikel rund um den Schriftstelleralltag verfasst, die er auf seiner Website im Bereich „Übers Schreiben“ archiviert hat. Unterhaltsam, hilfreich und erfrischend desillusionierend:
Zum Thema Schreiben pflegte Georges Simenon zu sagen:
„Wenn Sie im Leben etwas anderes tun können als zu schreiben,
dann rate ich Ihnen: Tun Sie das.“Dieser Teil meiner Website ist für all diejenigen gedacht,
die sich außerstande sehen, diesen weisen Rat zu befolgen.Was finden Sie hier? Nicht das x-te Buch über das Handwerk des Schreibens, sondern schlicht und einfach eine Menge Fragen, die mir irgendwann in den vergangenen Jahren per Mail gestellt wurden, samt der Antworten, die ich darauf gegeben habe. Ich habe mich bemüht, das Ganze in Themenbereiche zu untergliedern, aber das kann und soll nicht darüber hinwegtäuschen, daß es hier so unsystematisch und widersprüchlich zugeht wie im richtigen Leben.
Klingt interessant? Stammt aus Andreas Eschachs gesammelten „Fragen und Antworten“, mit denen man sich wunderbar vom Schreiben ablenken zum Schreiben inspirieren lassen kann.
Was sind eure Lieblingsblogs für Buchautoren?
Ein schöner Blog mit interessanten Themen, das!
Zu den Ausführungen von Richard Norden über multiple Protagonisten: Dieses Thema hat mich auch lange beschäftigt. Der Schlüssel zur Auflösung liegt, wie Norden ja auch betont, in der Definition von „Protagonist“. Weiter gebracht hat mich in dieser Frage die Theorie von Melanie Anne Philips, die eigentlich fürs Drehbuchschreiben gedacht ist. Sie unterscheidet zwischen Protagonist und Main Character.
Vereinfacht gesagt: Der Protagonist treibt die Haupthandlung, während der Main Character (von dem es auch mehrere geben kann) dem Leser eine subjektive Sicht aufs Geschehen bietet.
Protagonist und Main Character können die selbe Person sein (M. A. Phillips nennt sie dann „Hero“), müssen aber nicht. Bekannte Beispiele für eine Trennung von Protagonist und Main Character: Sherlock Holmes (löst als Protagonist die Fälle) und Dr. Watson (erzählt davon). Oder etliche Novellen von C.F. Meyer, wie z.B. „Der Heilige“, in dem der Erzähler, ein reisender Handwerker, vom Machtkampf zwischen Heinrich II (Protagonist) und Thomas Beckett (Antagonist) berichtet.
Hat man mehrere Erzählstränge mit jeweils eigener Erzählperspektive, kann man unterschiedliche Main Characters mit jeweils eigenem inneren (!) Konflikt einführen, wobei der äußere Hauptkonflikt der Geschichte vom Protagonisten gelöst wird (oder, falls er scheitert, eben auch nicht).
Die eigentliche Theorie ist noch wesentlich komplexer und (wirklich nur für Erzähltechnik-Freaks) hier nachzulesen:
http://dramaticapedia.com/dramatica/dramatica-theory-book/dramatica-theory-book-chapter-3/
LikeGefällt 1 Person
Vielen Dank, Peter! Ich glaube, ich habe gerade mein eigenes Romanprojekt besser verstanden 🙂
LikeLike